eSchliessanlagen
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Dr.-Ing. H. Jeschke
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Grenzen von Offline-Schließanlagen · Elektronische Schließanlagen bieten die sofortige Sperrung verlorener Schlüssel und eine hohe Flexibilität in der Erteilung von Schließberechtigungen. Je nach Systemkonzept des eingesetzten Produktes sind für Veränderungen im Schließplan oder für das Auslesen von Statusfunktionen aus den Türen verschieden aufwändige Programmierungen erforderlich. In Offline-Systemen, das sind Schließanlagen ohne Anbindung an Gebäude-Netzwerke, müssen Veränderungen meist per Programmiergerät in elektronische Schließzylinder (oder Beschlagslösungen) übertragen werden. In der Praxis kann man bei vielen Systemen für Standardsituationen (Schlüsselausgabe) Abläufe finden, die keine Programmierung der Türen erfordern. Das kann erreicht werden, indem noch nicht vergebene Identmedien (Chipkarten oder Transponder) auf Vorrat in Schließzylindern eingespeichert sind. Programmieraktivitäten konzentrieren sich dann auf die Aktivierung neuer Identmedien bei ihrer Ausgabe. Bei Chipkarten wird die Übertragung neuer Schließberechtigungen in Türen häufig umgangen, wenn die Chipkarten Listen mit berechtigten Türen enthalten.

Spätestens wenn ein Identmedium verloren ist und im Schließplan nicht bereits automatisch durch eine Zeitbegrenzung deaktiviert wurde, kann in der Regel auf eine Gebäudebegehung mit der Umprogrammierung betroffener Türen nicht verzichtet werden. Bei kleinen Anlagen mit weniger als 50 Türen ist eine Sperrung mit einem Programmiergerät erfahrungsgemäß in 1-2 Stunden durchführbar. Bei großen Offline-Anlagen, z. B. mit mehr als 10.000 Türen, kann dann die Sperrung eines verlorenen Generalschlüssels schnell zu einem Aufwand für die Programmierung von weit mehr als 100 Stunden führen. Nimmt man eine jährliche Verlustrate von etwa 0,48 % eines Schlüsselbestandes mit 30.000 Identmedien an, sind jährlich etwa 150 verlorene Schlüssel zu sperren. Auch wenn nicht jeder verlorene Schlüssel eine Generalschlüsselfunktion bietet, verbleibt dann jährlich der Aufwand 150 mal bei 10.000 Türen die betroffenen Orte herauszusuchen, dorthin zu gehen und die Sperrung durchzuführen.


Kabelgebundene Online-Schließanlagen · Um Zeit und Wartungskosten zu sparen, gewinnt die Vernetzung elektronischer Schließanlagen zunehmend an Bedeutung. Mit Hilfe eines kabelgebundenen Netzwerkes (Bild 4) sind die Komponenten einer Anlage zentral von einem PC-Arbeitsplatz programmierbar (Anpassung des Schließplanes an Veränderungen) und auslesbar (Zutrittserfassung und Abfrage des Batteriezustandes). Häufig werden in der Gebäudeautomatisierung eingesetzte Lösungen, wie EIB (European Installation Bus) oder LON (Local Operating Network) für drahtgebundene Netzwerke eingesetzt. Bei Neubauten können diese Netzwerke relativ gut bautechnisch realisiert werden. Die Verkabelung kostet etwa 100 € pro Tür. Hinzu kommen noch Kosten für aktive Netzwerkkomponenten. In bestehenden Gebäuden steigt im Vergleich zu Neubauten der Aufwand für die flächendeckende Nachrüstung der Verkabelung. Auf Grund ihrer, insbesondere bei Nachrüstungen sehr hohen Verkabelungskosten sinkt seit Jahren die Marktbedeutung der kabelgebundenen Online-Programmiernetzwerke.



  Bild 4: Kabelgebundenes Netzwerk.


Funkvernetzte Elektronische Schließanlagen · Die Erschließung aller Türen über drahtgebundene Netzwerke (EIB oder LON) scheitert häufig an den hohen Kosten für das Verlegen von Leitungen zu jeder Tür zzgl. der Kosten für aktive Netzwerkkomponenten.

Funkvernetzte Lösungen (Bild 5) auf 868 MHz oder 2.4 GHz bieten eine in den Kosten angemessene Alternative zu drahtgebundenen Netzwerken. Insbesondere die Nachrüstung in bestehenden Gebäuden ergibt mit dem Setzen von Accesspoints (868 MHz oder 2.4 GHz) vergleichsweise geringere Aufwendungen für den Ausbau einer Gebäudeinfrastruktur. Mit einem unternehmensweiten Datennetz im Hintergrund (TCP/IP oder WLAN) können in verschiedenen Gebäuden und standortübergreifend Schließanlagenkomponenten auf dem Funkwege schnellstens programmiert oder ausgelesen werden. Die Funknetzwerkknoten der elektronischen Schließanlagen werden überwiegend mit Standard-Netzwerktechnologien (TCP/IP und Power-Over-Ethernet) in die Infrastruktur der Gebäde integriert.


Bild 5: Funkvernetzte Elektronische Schließanlage


Virtuelle Vernetzung · Für den Fall, dass drahtgebundene Netzwerke oder Funknetzwerke zu jeder Tür aus Kostengründen ausscheiden und der Aufwand für die Programmierung dennoch beherrschbar bleiben soll, haben verschiedene Hersteller jetzt eine virtuelle Vernetzung im Angebot, die wesentlich Elemente der Vernetzung aller Türen nachbildet.

Zwei unterschiedliche Lösungsansätze sind etabliert:

Virtuelle Vernetzung mit zeitlich begrenzten Berechtigungen · Es werden über Zutrittsterminals in Gebäudeeingangsbereichen zeitlich begrenzte Berechtigungen auf die Identmedien (Transponder, Chipkarten) übertragen, z. B. täglich. Nach Ablauf der Zeitbegrenzung, z. B. am Folgetag oder mit einem nach der ersten Aktivierung gleitenden Zeitfenster, werden gesperrte Identmedien (Chipkarten oder Transponder) nicht mehr am Zutrittsterminal erneuert und sind dadurch an den Offline-Türen gesperrt. Nur wenn kürzere Reaktionszeiten im Gültigkeitszeitraum eines Identmediums gefordert sind, müssen betroffene Türen mit einem Programmiergerät gesperrt werden. Der Kostenvorteil dieser Lösung liegt darin, dass nur die Zutrittsterminals über ein Netzwerk mit einem Programmier-PC verbunden werden müssen.

Virtuelle Vernetzung mit Transfer von Änderungen über Identmedien · Eine weiterentwickelte virtuelle Vernetzung mit einer im Vergleich zu zeitbegrenzten Identmedien schnelleren Verbreitungsmöglichkeit von Modifikationen ergibt sich, wenn man Änderungen im Schließplan von wenigen vernetzten Türen oder Zugängen auf die Identmedien einer Anlage (Transponder oder Chipkarten) überträgt, die dann wiederum bei jedem Schließvorgang den in den Türen hinterlegten Schließplan aktualisieren.

Gegenüber der bei Offline-Anlagen erforderlichen Umprogrammierung durch autorisierte Administratoren, die für die Programmierung zu allen betroffenen Türen gehen müssen, bietet dieser Transfer von Schließplanänderungen über die Identmedien den Vorteil, dass jeder Nutzer mit der normalen Nutzung seines Identmediums zur Programmierung beiträgt, ohne die administrativen Rechte eines Systembetreuers erhalten zu müssen. Da nicht vorhersagbar ist, wann Nutzer im normalen Betriebsablauf einzelne Türen schließen, sind administrative Aufwendungen zum Überwachen des Status eines Aktualisierungsprozesses notwendig. Hier ist die Software zur Schließanlagenverwaltung gefordert, den Status einer Anlage gegenüber ihrem Administrator transparent zu halten.

Wenn besonders eilige Änderungen gefordert sind, kann man sich bei großen Anlagen eine einfache organisatorische Lösung vorstellen, bei der ein zentraler Schließplanverwalter ausgewählte Mitarbeiter per e-mail über einen akuten Änderungsbedarf in ihren lokalen Bereichen informiert. Die angesprochenen Mitarbeiter müssen dann nur in einem überschaubaren, kleinen Bereich einmal alle Türen mit ihrem Identmedium (Transponder oder Chipkarte) ansprechen. Grundlegende Änderungen in einem Schließplan sind so schnellstens umsetzbar. Die „ Last der Programmierung ” wird so auf viele Schultern verteilt, ist dadurch gut beherrschbar und skaliert sich mit der Erweiterung einer Elektronischen Schließanlage.

Die Zutrittsterminals zur Aufwertung von Identmedien werden überwiegend mit Standard-Netzwerktechnologien (TCP/IP und Power-Over-Ethernet) in die Infrastruktur der Gebäde integriert.